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„Stelle mer uns mal janz dumm – wat is´n Dampfmaschin?“ der Satz aus dem Film „Die Feuerzangenbowle“, sicher jedermann bekannt, ist ein guter Aufhänger für diese technische Anwendung. Technisch gesprochen wird in der Dampfmaschine – und der Dampflok als Sinnbild schlechthin – Wasser durch Brennstoffeinsatz verdampft, also von seinem flüssigen in den gasförmigen Zustand gebracht. (Bild 1)

Neubau-Kessel

Kernstück dieser Aufgabe ist und bleibt der Dampfkessel: neue Kessel, speziell für historische Lokomotiven (Bild 2), fertigt die Lonkwitz Edelstahltechnik GmbH aus Wetzlar.

Eine der besonderen Herausforderungen besteht dabei in der Auswahl geeigneter neuer Fertigungsverfahren und Werkstoffe als Ersatz für historische Materialien.

Das ist häufig notwendig, weil viele Original-(Ersatz-)Teile nicht mehr verfügbar sind oder mit Blick auf das Material nicht mehr aktuellen Anforderungen oder technischen Normen genügen.

Ein typisches Beispiel sind die Dichtungen für den Dampfdom (Bild 3, Bild 4). In der Vergangenheit wurden für diesen Einsatz oft handwerklich gefertigte Kupferdichtungen verwendet, was jedoch weder für heutige Hersteller noch Kunden wirtschaftlich oder nachverfolgbar wäre. Zudem wäre eine solche handwerkliche Dichtung bereits rechnerisch in der Entwurfsphase für den Neubau nicht geeignet.

So wird eine Aufgabe des Unternehmens hier erkennbar: Neubaukessel immer nach dem Stand der Technik zu entwickeln und zu fertigen!

Dampfdom-Dichtung

Auf Empfehlung einer zuständigen unabhängigen Stelle hat sich die Firma Lonkwitz daher mit dem Dichtungsspezialisten KLINGER aus Idstein in Verbindung gesetzt, um gemeinsam eine geeignete und zulassungsfähige Alternative zu finden.

Da es hier ohne Zweifel um die Sicherheit geht, hat man sich für eine ausblassichere Flachdichtung entschieden.

In der Praxis gibt es nun mehrere Möglichkeiten zur Sicherstellung der Ausblassicherheit:

1) durch konstruktive Maßnahmen

Bei Verwendung von Flanschen mit Feder/Nut oder Vorsprung/Rücksprung ist die Dichtung gekammert, es besteht ein zusätzlicher Formschluss, die Flanschverbindung gilt per Definition als ausblassicher.

2) durch Verwendung metallisch verstärkter Dichtungen

Metall- und Metall-Weichstoff-Dichtungen gelten nach allgemeiner Auffassung als ausblassicher, da sie durch die metallische Verstärkung nicht ohne weiteres „aus dem Sitz gedrückt werden“ bzw. am Umfang aufreißen können. Aus den oben genannten Gründen ist jedoch immer die ganze Systembetrachtung erforderlich.

3) durch entsprechende Auslegung und versuchstechnischen Nachweis

Dazu wurde im Vorfeld mit dem KLINGER®expert Berechnungsprogramm (Bild 5) die passende Flachdichtung für die Abmessungen 658 mm x 685 mm x 2 mm (Bild 6) herausgefunden, „das war ganz unkompliziert“ äußert Frau Keiner aus der Lonkwitz-Konstruktion. Das Programm verwies auf KLINGER®graphit PSM 200 und hat parallel das nötige Anzugsmoment für die Schrauben angezeigt. Daraus ergab sich dann ein Drehmoment von 220 Nm für die 38 x M24, 5.6 Schrauben.

Mit KLINGER®graphit PSM 200 B (Bild 7) aus Idstein steht ein in der Praxis erprobtes Graphitlaminat mit einer 0,1 mm dicken Spiessblech-Edelstahleinlage für den Temperaturbereich von -200 °C bis 450 °C zur Verfügung. Es wird bevorzugt bei Heißwasser und Wasserdampf eingesetzt und ist neben den benötigten 2 mm auch in Standarddicken 0,8 mm / 1,0 mm / 1,5 mm und 3,0 mm verfügbar. Punkt 2 zur „Ausblassicherheit“ wäre somit bereits gegeben.

Etwas Theorie zur Flächenpressung / Betriebsparameter

Für einen sicheren Betrieb werden später mindestens 40 MPa Flächenpressung auf der Dichtung benötigt (Bild 8). Die maximale Flächenpressung läge bei 131 MPa, bevor die Dichtung mechanisch überpresst würde. Mit dem errechneten Drehmoment wird nach dem Setzen der Dichtung eine dauerhafte Flächenpressung von 64 MPa erreicht, was ein sehr guter Wert ist.

Der Dampfkessel mit einem Durchmesser von 1,3 m und einer Länge von 5,7 m / 4496 Litern aus 10 mm–16 mm verschweißten Blechplatten (P265GH – 1.0425 / Kesselgüte) muss im zu erwartenden langen Betrieb auf der Dampflok einem maximal zulässigen Druck von 12 bar bei maximal zulässiger Temperatur von bis zu 192 °C über Jahre sicher standhalten.

Abnahme/Schlussprüfung

Bei der abschließenden Abnahme durch eine unabhängige Stelle wird unter anderem eine Kaltwasserdruckprobe mit einem Prüfdruck von 22,1 bar (variabel, je nach Kesselkonstruktion) gefordert.

Der Kessel wird vollständig mit Wasser gefüllt und langsam auf den Prüfdruck von 22,1 bar gebracht. Dabei dürfen keine Verformungen und Undichtigkeiten (Leckagen) am Kessel oder an der betrachteten Dampfdomdichtung auftreten. Das habe mit der KLINGER-Dichtung einwandfrei funktioniert, so Herr Schmidt, der Betriebsleiter.

Es wurde nach Richtlinie 2014/68/EU über Druckgeräte, Modul G und angewandten technischen Regeln/Normen der AD2000, TRD geprüft und bestanden.

Einer Verwendung in der Lokomotive steht nichts entgegen.

Praxistipp für Flansch und Dichtung

Wichtig bei der Montage der Dichtung bzw. des Flanschdeckels ist das Schmieren der Schraubengewinde. Die Unterseite des Schraubenkopfes / Unterlegscheibe sollte ebenfalls nicht vergessen werden, um einen möglichst niedrigen Wert für die Haft- und Gleitreibung zu erhalten, um möglichst wenig von der Einbauschraubenkraft (Drehmoment) zu verlieren!

Bilderverzeichnis

Bild 1: Dampflok: Zittauer Dampflokomotive 99 758
Bild 2: Neubau-Lokomotivkessel der Fa. Lonkwitz
Bild 3: Schemazeichnung: Bauteile am Dampfdom
Bild 4: Geöffneter Dampfdom mit KLINGER®PSM Graphit Flachdichtung
Bild 5: freie Auslegungssoftware Klinger® Expert
Bild 6: Dichtung, Abmessungen: 658 mm x 685 mm x 2 mm
Bild 7: KLINGER®graphit PSM 200
Bild 8: Skizze: Dampfdom Querschnitt mit KLINGER®PSM Graphit Flachdichtung

Autoren

Gerald Klein, Produktmanagement / Anwendungstechnik Dichtungen
Klinger GmbH / Idstein
Email: gerald.klein@klinger.de, www.klinger.de

Lonkwitz Edelstahltechnik GmbH
Grube Juno 1, 35580 Wetzlar
Tel.: 06441 210 110,
Email: info@lonkwitz.com

Redaktionelle Aufbereitung
Jörn Jacobs, Dipl.-Kfm., Fachjournalist, IHW Marketing GmbH

Literaturhinweis

 

DIN EN 1591-1 „Flansche und ihre Flanschverbindungen – Regeln für die Auslegung von Flanschverbindungen mit runden Flanschen und Dichtung – Teil 1: Berechnungsmethode“ (2011-04)

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